Bierführer Oberbayern – Revisited

Juli 2025. Wir haben unser ‚Bierführer‘-Lager an gereiften Bieren gesichtet.

Bei unseren Brauereibesuchen für den ersten Bierführer Oberbayern, erschienen 2005 im Specht Verlag und den zweiten, erschienen 2011 im Hans Carl Verlag haben wir jeweils reifewürdige (also unserer Meinung nach zumindest) Backup-Flaschen eingelagert.

All diese haben wir nun nach 13-23 Jahren Lagerung nachverkostet. Das Ergebnis findet Ihr hier:


Flötzinger Maibock – 7,0% – MHD 23.12.2002

Nase: Dieses Bier ist nicht kaputt. Natürlich kommen nach so langer Lagerung deutliche Oxidationsnoten (gereifter Sherry) hinzu, vornehmlich duftet das Bier allerdings nach süßen, getrockneten Früchten und grünen Oliven.

Gaumen: Wieder Süße, reife Fruchtnoten, Rumtopf, rund und lang, etwas alkoholisch wirkend.

Ein individuelles Verkostungsbier mit spannenden Aromen und ein gutes Beispiel, wo die Reife hingehen kann. In keinster Weise untrinkbar.


Flötzinger Heller Bock – 7,0% – MHD 23.12.2002

Aufgrund des identischen MHDs wohl das gleiche Bier, denn auch in der

Nase: Sehr ähnlich zum Vorgänger, reife Früchte, auch etwas Liebstöckel

Gaumen: Auch sehr ähnlich, etwas dezentere, feine Süße



Müllerbräu Bavariator – 7,0% – Dunkler Doppelbock MHD 19.03.2003

Nase: Röstmalz, Sojasauce, Malzbonbons, Liebstöckel

Gaumen: Feine Süße, rund, reiffruchtig und klar, macht richtig Spaß, harmonisch und vollmundig-ölig-likörartig mit immer noch dezenter Kohlensäure.


Marke Scheyern Kloster-Doppelbock Dunkel – 7,4% – MHD 11.07.2002

Dieses Bier stammt noch aus der Zeit vor Tucher, die heute die Marke Scheyern herstellen.

So kam’s:

Bei unserem ersten Besuch für den Bierführer Oberbayern 2005 war das ehemalige Sudhaus der Klosterbrauerei Scheyern bereits rausgerissen.

Die Hasenbräu Augsburg kooperierte schon lange (über 50 Jahre) mit Scheyern, sicherte sich die Namensrechte und braute die Scheyern-Biere ’nach alten Klosterrezepten‘ weiter. Als ‚Marke Scheyern‘

Als nun Tucher die Hasenbräu übernahm, erhielten sie auch die Markenrechte für Scheyern und brauen diese Biere bis heute in ihrem Sudhaus Nürnberg/Fürth.

Erst seit 2005 existiert wieder eine kleine, feine Klosterbrauerei in Scheyern.

Dort wird in kleinem Rahmen und ausschließlich regional verfügbar eigenes Bier gebraut…

… aber das ist eine andere Geschichte.

Nase: Frisch! Röstmalzbonbons, reife, karamellige Fruchtsüße

Gaumen: Rund mit frischen Noten, feine Kohlensäure, etwas Liebstöckel, feine Bittere, rund und likörartig. Absolut gut trinkbar!



Flötzinger Josefi Bock – 7,5% – MHD 12.11.2003

Nase: Röstmalz, Maggi/Liebstöckel, auch schon deutliche Oxidationsnoten, die an nassen Pappdeckel erinnern.

Gaumen: Rund, süß, Malzbonbons, wieder Liebstöckel. O.k., trinkbar, nicht kaputt, aber ein Verkostungsschluck für die Wissenschaft reicht.


Maxlrainer Jubilator – 7,5% MHD 15.08.2011

Nase: Bayerisch-Malz-Bonbons, frische Fruchtsüße, allerdings leichte Pappdeckel-Oxidations-Assoziation

Gaumen: Wirkt relativ frisch. Zitat Ralph: ‚Kann man das überhaupt schon trinken? Bordeaux würde noch brauchen…‘ Rund, feine Süße, etwas Rauch, hat noch Potenzial.



Camba Bavaria Trucht’linger Doppelbock „Mastrobator“ – 8,5% – MHD 18.10.2010

Nase: Neben einer dezenten Malzigkeit treten vor allem grüne Kräuternoten in den Vordergrund, auch Liebstöckel ist im Spiel.

Gaumen: Feine Süße, rund, relativ frisch, komplex, spannend zu Verkosten, durchaus gereifte Aromatik, aber sehr fein! Nicht kaputt, durch die Abfüllung in der Bügelverschlussflasche natürlich extrem geringe Restkarbonisierung vorhanden.


Auer Bräu Weizenbock – 7,0% – MHD 18.09.2002

Nase: Intensive Fruchtsüße, daneben Noten von süßem Maggi-Extrakt bzw. Liebstöckel, leicht angebrannter Gummi.

Gaumen: Reife Fruchtsüße, Rumtopf, feine Säure puffert gut, ausgewogen und harmonisch, jedoch für den glasweisen Genuss über seine Zeit. Verkostungsbier, nicht kaputt, spannende Erfahrung.


FAZIT:

Keines der acht verkosteten Biere war kaputt, umgekippt oder sauer.

Alle Biere waren – mal mehr, mal weniger gut – genießbar. Zur Verkostung, eine Halbe wäre dann doch zu viel.

Interessant war, nachzuvollziehen, wie Biere reifen können, natürlich einen gewissen Alkoholgrad vorausgesetzt.

Wir werden das wiederholen, auch mit ‚leichteren‘ Bieren und anderen Bierstilen, stay tuned…

Interesse auch mal mitzuverkosten? Sprecht mich an.


Und das waren die beiden Bücher, für die wir die Biere damals eingesammelt hatten.


(c) Harald Schieder 7-2025